INDUSTRIAL Matinée – Wie kann man Industriesounds hören? Richard Ortmann und Uta C. Schmidt (Dortmund) über Field-recordings in Montanregionen, die Hierarchie der Sinne und Erinnerungskultur
Dortmunder U | Ebene 6
1980 gründeten der Musiker Richard Ortmann, der Film- und Tonmann Ralf R. Wassermann und die Kunsthistorikerin Uta C. Schmidt das Schallarchiv zur Klanglandschaft des Ruhrgebiets. Allesamt in den 1950er Jahren Herne geboren und in Hörweite der Zechen Shamrock, Teutoburgia und Constantin aufgewachsen, begannen sich die drei für das Radio als Medium und das Hörpiel als Format zu interessieren. Prägend war das Hörspielstudio 3 des WDR, das Klaus Schöning seit 1968 als Redaktionsleiter aufbaute und das zu einem der Zentren internationaler Akustischer Kunst avancierte „Hier konnten wir an den Empfangsgeräten mitverfolgen, wie sich das Hörspiel von den Kriterien des literarischen Radiodramas löste. Es öffnete sich für konkrete Poesie, Zitatmontagen, akustische Ready-Mades, Sprachcollagen und begann, mit Sprache, Musik, Geräusch und Klang als gleichwertigen Gestaltungselementen zu experimentieren.“ Mitte der 1980er Jahre begannen die drei mit der Produktion eigener Hörspiele, für die sie Industriegeräusche aufzeichneten und verarbeiteten – unter anderem in Produktionen und Soundscapes für die Ruhrgebietsredaktion und für das Studio Akustische Kunst des WDR.
Über die Jahre ist so ein riesiges Klangarchiv entstanden, aus dem uns Richard Ortmann und Uta C. Schmidt prägnante Beispiele mitbringen. Sie stellen die Frage, wie man Industriesounds hören kann, und sprechen über über Field-recordings in Montanregionen, die Hierarchie der Sinne und die Möglichkeit bzw. das Potential einer (akustischen) Erinnerungskultur.
Moderiert von Dr. Inke Arns.
Richard Ortmann
geb. 1955 in Herne. Mit 15 Jahren Saxophon, in der familieneigenen Hauskapelle auch Schlagzeuger; 1979 Umzug nach Dortmund; erste eigene musikalische Projekte als Grenzgänger zwischen improvisierter Musik und Neuer Musik. 1982 Gründer der Kapelle „schwarz/rot Atemgold 09“; ab Anfang der 1980er Jahre Anlage des Geräuschearchivs; gleichzeitig Arbeiten für die Redaktion „Ruhrgebiet“ des Westdeutschen Rundfunks, darunter die 8˗teilige Reihe „Black Box B1“, „Harry Krachowskis seltsame Ahnungen von Tuten und Blasen“ ˗ 6 Folgen und „Familie Platzek“, 12 Folgen u.a. mit zahlreichen Auftragskompositionen. Dann Studio Akustische Kunst in der Reihe „Metropolis“ mit „Einmal Herne und zurück. Klanglandschaft Ruhrgebiet“, Redaktion: Klaus Schöning, damit auch vertreten auf der Compilation „River Run“; 1. Preis beim Geschichtswettbewerb des „Forum Geschichtskultur“ in der Sparte Audio; zahlreiche Klanginstallationen in den ständigen Ausstellungen der Ruhrgebietsmuseen, vom Ruhr Museum, über die DASA, die LWL˗Industriemuseen bis hin zu „Gerhard Mercator ˗ Schätze der Kosmographie“ im Kultur˗ und Stadthistorischen Museum der Stadt Duisburg; ab 2005 Erweiterung der Klangräume hin zu Oberschlesien ˗ Katowice und Zabze, Aufnahmen als Dokumentarist und Performances mit polnischen Künster_innen als Saxophonist; erste „Klangbrücke“ zwischen Katowice und Katernberg zur Extraschicht 2006; ansonsten ständig unterwegs mit Aufzeichungsgerät und Saxophon.
Uta C. Schmidt
geb. 1958 in Herne; Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Volkskunde, Magister und Promotion mit geschichtstheoretischen Themen bei Jörn Rüsen an der Ruhr˗Universität Bochum bzw. Universität Bielefeld.
1983 Mitbegründerin des Kulturhauses NeuAsseln, Dortmund; gleich zum Berufsstart Aufbau einer Verwaltungsstruktur des Künstlerhauses Sunderweg. Im Laufe der Jahre zahlreiche (historische) Projekte zwischen Technik, Geschlecht, Raum und Repräsentation. Seit Anfang der 1980er Jahre mit bei den Dokumentationen und Reflektionen zur Frage: „Kann man Strukturwandel hören?“. Für das Ruhrgebiet hat sie den Zusammenhang von Klang und Wandel früh formuliert. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität Duisburg˗Essen mit Seminaren wie: „Ruhrgebiet: Geschichte. Mythos! Kult?“ oder „Heimat Ruhrgebiet? Heimaten im Ruhrgebiet?“. Uta C. Schmidt ist zurzeit Geschäftsführerin des 6. Geschichtswettbewerbs „WAR WAS? Heimat im Ruhrgebiet. Erinnerungsorte und Gedächtnisräume“, der Einsendeschluss ist der 31.12.2013 - also schnell noch bewerben. Sie ist Projektleiterin von www.frauenruhrgeschichte.de
Uta C. Schmidt ist zudem auch Mitgründerin von und Alt˗ und Baritonsaxophistin bei schwarz/rot Atemgold 09.