Vortrag & Gesprächsrunde | Leon Kahane: „Der Schamane in der neuen esoterischen Rechten“
HMKV im Kino im Dortmunder U, EG
Livestream der Veranstaltung
///
Leon Kahane (Forum demokratische Kultur und zeitgenössische Kunst der Amadeu Antonio Stiftung) ist zu Gast beim HMKV. Anlässlich der Ausstellung Technoschamanismus, welche im Rahmen des Jubiläumsjahres von Joseph Beuys zu sehen ist, wird Kahane um 19:00 Uhr einen Vortrag halten. Anschließend findet eine Podiumsdiskussion mit Dr. Inke Arns, Kuratorin der Ausstellung und Direktorin des HMKV, zum Thema Der Schamane in der neuen esoterischen Rechten statt.
Die Veranstaltung findet vor Ort im Kino des Dortmunder U (EG) statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Sprache: Deutsch
Wer es an dem Abend nicht zu uns schafft, hat die Möglichkeit, die Veranstaltung hier auf unserer Website über den Videostream oben live mitzuverfolgen.
Schamanismus und Esoterik sind in der neuen Rechten eine Antithese zur Moderne, von der sie ihre eigene, vermeintlich ungebrochene Identität bedroht sieht. In den Gesellschaftsphänomenen der modernen Welt sehen Anhänger*innen der neuen Rechten die Zerstörung der eigenen Ursprünglichkeit, die sich meist mündlich über Mythen und Sagen überliefert. Die Idee, dass man Teil einer indigenen Gruppe ist, stammt aus einer Herrenmenschen-Idee, bei der die sogenannte weiße Rasse an der Spitze einer ethnopluralistisch organisierten Welt steht. Die eigene Identität wird also zu einem alles definierenden und unhinterfragbaren Argument erhoben. Auf dieser Basis von vermeintlicher Konfliktlosigkeit inszenieren sich diese neurechten Bewegungen als friedens- und harmonieorientiert.
In der konflikt- und widerspruchsoffenen Moderne sehen Neurechte also einen direkten Widerspruch zur eigenen Idealwelt. Sie gilt außerdem als Ursprung von Krieg und Konflikt. Schamanismus und Esoterik versprechen also als direkte Antithese zur modernen Welt und den eigenen Lebensrealitäten eine besonders ungebrochene Identität mit einem starken Bezug auf Ursprünglichkeit und Authentizität. Die neue Rechte besinnt sich damit auf das kulturpessimistische Weltbild des ausgehenden 19. Jahrhundert zurück, welches eine Mischung aus Romantizismus, deutschem Idealismus und apokalyptischen Weltuntergangsszenarien ist.
Der Schamane ist eine transzendente Figur, die zwischen dem Jenseits und dem Diesseits eine Brücke schlägt. Für neurechte Milieus ist klar, dass durch die modernen Gesellschaften die Welt ihrer Zerstörung immer näher rückt. In dieser zutiefst kulturpessimistischen Phantasiewelt gibt es jedoch auch ein „optimistisches“ Moment: Die Wiedergeburt bzw. Reinkarnation einer Idealgesellschaft, die ethnopluralistisch (bzw. neo-rassistisch) organisiert und von allen Konflikten der modernen Welt befreit sein wird.
Der Weg zu dieser vermeintlichen Idealwelt ist vom Wunsch nach Ausstieg, nach Widerstand, und danach endlich zum eigenen Recht zu kommen geprägt. Das kulturelle Feindbild, gegen das man sich im Widerstand befindet, sind die Juden, die in ihrer eigenen Kultur so etwas wie das Jenseits gar nicht erst akzeptieren. Sie sind Ursprung und Profiteure des Bösen im dichotomischen Weltbild der neuen Rechten. Vom vermeintlichen Verrat an Jesus Christus bis zu den Rothschilds und dem Zionismus liefert das Judentum das perfekte kulturelle Gegenstück und damit Feindbild zu einer ins Eindeutige verzerrten Welt, in der alle Völker ethnopluralistisch organisiert in vermeintlichem Frieden nebeneinander leben.
Juden dürfen auf der Weltkarte des Ethnopluralismus nicht existieren. Sie sind das einzige Volk, welches nach dem Verständnis der neuen Rechten die Moderne in sich trägt. Sie sind die Urheber der Völkervermischung – dem sogenannten großen Austausch – und den damit entstehenden Konflikten. (Leon Kahane)
Leon Kahane, geboren 1985 in Berlin, schafft konzeptuelle Videoarbeiten, Fotografien und Installationen, in denen Themen wie Migration, Identität und die Auseinandersetzung mit Mehr- und Minderheiten in einer globalisierten Gesellschaft im Zentrum stehen. Vor allem die soziokulturelle Verortung aktueller politischer Diskurse und Dynamiken ist von zentraler Bedeutung für seinen künstlerischen Ansatz, der eine Form der Kulturkritik darstellt.
Aktuelles Hygienekonzept am Dortmunder U und HMKV
Ab Mittwoch, 17.11.2021 erfolgt der Einlass ins Dortmunder U nach der 2G-Regelung. Daher ist ein Nachweis über „geimpft" oder „genesen" erforderlich. Die Regelung gilt für Erwachsene ab 18 Jahren. Für Kinder und Jugendliche gilt die 3G-Regelung „geimpft/genesen/getestet“. Schüler*innen gelten als getestet (Vorlage eines Schüler*innenausweis erforderlich).
Die Buchung eines Zeitfensters ist NICHT notwendig. Im gesamten Dortmunder U gilt die Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Mund-Nasenbedeckung.
Bildcredit: Joseph Beuys, "I like America and America likes me", 1974. © Archiv Block, Berlin. Courtesy of Edition Block GmbH/ Helmut Wietz. © VG Bild-Kunst. In der Ausstellung "Technoschamanismus", HMKV im Dortmunder U, 09. Oktober 2021 – 06. März 2022. Foto: Anne Orthen