Elisa Jule Braun: CALIBRATION MUM: I PREFER NOT TO

HMKV Video des Monats

Videostill aus Elisa Jule Braun, CALIBRATION MUM: I PREFER NOT TO, 2023, Video, 34:25 Min., Farbe, Ton. Courtesy of the artist. © VG Bild-Kunst, Bonn, 2025

„In ihrer Arbeit übersetzt Braun die Technologie des Motion Tracking Suit, die ursprünglich für die Optimierung von Arbeiter*innenkörpern am Fließband eingesetzt wurde, in den privaten Lebensraum und macht nicht nur die täglichen, roboterhaften, sich wiederholenden Bewegungsabläufe unbezahlter Care-Arbeit sichtbar, sondern hinterfragt zudem den idealisierten Archetyp der Mutterschaft.“ (Jury Statement Lobende Erwähnung Golden Cube, 41. Kasseler Dokfest 2024, Kassel)

In „Calibration Mum: I Prefer Not To" nutzt die Künstlerin Motion-Capture-Techniken, um die tägliche Arbeit als Mutter - wie Stillen, Windeln wechseln, Spielen oder ins Bett bringen - auf ihren digitalen Avatar zu übertragen. So entstehen Szenen, die sich ausschließlich auf den Bewegungsablauf der Handlungen konzentrieren und so die Arbeit einer Mutter isoliert zeigen, ohne sie zu exponieren.

In der Montage werden die Handlungen fragmentiert und nacheinander angeordnet, wobei sich mehrere Kopien der Mutterfigur allmählich zu einer kollektiven Choreografie zusammenfügen. Dieser Ansatz unterbricht spielerisch den linearen Zeitverlauf, indem er die Ausführung von Tätigkeiten verdichtet und gleichzeitig die Echtzeitaktivität aufrechterhält. Je größer das Arbeitspensum wird, desto mehr Avatare tauchen auf, was Fragen aufwirft bezüglich der täglichen Arbeitszeit einer Mutter und der Anzahl der Personen / Körper, die zur Erfüllung aller Aufgaben erforderlich sind.

Während des gesamten Prozesses der Dokumentation und Datenerfassung muss die Mutterfigur immer wieder neu kalibriert werden. Die Ablehnung dieses Eichprozesses zeigt sich in der (mangelnden) Funktionalität der Körperteile der Avatare – ein Kampf, der in der digitalen Welt widerhallt. Die Arbeit widersetzt sich den konventionellen Unterscheidungen zwischen Produktion und Reproduktion, Privatem und Öffentlichem und fordert eine Neubewertung und Ästhetisierung alltäglicher Aktivitäten. – Ausgewählt von Inke Arns (HMKV)

Elisa Jule Braun

Elisa Jule Braun ist eine in Berlin lebende Künstlerin und Filmemacherin. Sie studierte Visuelle Anthropologie am Goldsmiths College London und Bildende Kunst an der Universität der Künste Berlin in der Lensbased Class von Hito Steyerl sowie an der School of the Art Institute of Chicago. Im Jahr 2022 gewann sie mit ihrer Arbeit “Depressed Animals” den Kunstpreis Vulnerable der Diözese Rottenburg-Stuttgart und war Teilnehmerin des Goldrausch Künstlerinnen Projekts. Zudem erhielt sie ein Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg sowie das Karl Hofer Stipendium. 2024 wurde ihr eine Honorable Mention beim Medienkunstpreis Golden Cube für die Arbeit “Calibration Mum: I Prefer Not To” verliehen, und sie war Teil des Artists Inside Fellowship. Aktuell ist sie Trägerin des Elsa-Neumann-Stipendiums. Brauns Arbeiten wurden unter anderem im Institute of Contemporary Art Sofia, in der Kunsthalle Baden-Baden, im Silent Green Berlin, im Museum im Kleihues-Bau und im RASA Seoul gezeigt.

01.–28. Februar 2024

Elisa Jule Braun

CALIBRATION MUM: I PREFER NOT TO

2023, Video, 34:25 Min., Farbe, Sound: Moritz Stumm. Courtesy of the artist

In der Serie „HMKV Video des Monats“ stellt der HMKV im monatlichen Wechsel aktuelle Videoarbeiten internationaler Künstler*innen vor.