Benjamin Jakob Enders: There is a new time coming up

HMKV Video des Monats

Der Flughafen ist für den französischen Postmodernisten Marc-Augé ein exemplarischer "Nicht-Ort": Er versteht die Transitzone als identitätslosen Raum, in dem keine historischen und relationalen Ebenen auftauchen können, ein quasi anonymer Raum, der rein auf seine Funktion ausgerichtet ist: Das Durchschleusen und Weiterführen von Personen und Waren von einem Ort zu einem anderen. Aus dieser Zone kann das menschliche Individuum nach Augé keine Identität schöpfen, wie es an anderen "anthropologischen Orten" der Fall ist.

Diese postmoderne Einstellung zum Flughafen (als Motor einer globalisierten Welt) und zum Individuum wird für Enders zum Ausgangspunkt für eine Analyse unseres Zeit- und Gegenwartsverständnisses. Der Flughafen wird als ein Ort erlebt, der verlassen werden muss und gleichzeitig Stillstand bedeutet. Er wird zur Metapher für die Vorstellung einer "endlosen Gegenwart": Ein Zustand des Fehlens von Geschichte und Fortschritt ohne Potential für tiefgreifend-wirkmächtige Veränderungen. Diese Diskrepanz wird durch Text und Musik ausgedrückt.

Der Soundtrack ist eine Neuinterpretation des Songs „Lisa Frank 420/ Modern Computing“, einer der populärsten Tracks des Musik-Genres "Vaporwave", das stark vom Internet und der Netzkultur inspiriert ist. In dieser Musik steht eine auf Sampling basierte Herangehensweise im Vordergrund. Sie bezieht sich dabei auf Popmusik der 1980er- und 1990er-Jahre, aber auch Sounds aus Videospielen, Einkaufszentren und Markenjingles, die dabei meist stark verlangsamt wird. Vaporwave wird als ein Genre begriffen, dass die neo-liberale Ökonomisierung von (Nicht-) Orten und Medien kritisch reflektiert. (Cornelius Ferber)

 

Ausgewählt von Cornelius Ferber (HMKV)

Benjamin Jakob Enders

Benjamin Jakob Enders (*1999) ist ein Künstler aus Düsseldorf. Er studiert an der Kunstakademie Düsseldorf bei Dominique Gonzalez-Foerster. In seinen Arbeiten erforscht er die Möglichkeiten der Berührung zwischen Bildender Kunst und Musik, Performativität und der Zeitlichkeit, die in Musik und Kunst auftreten. Mit Raumbezug und installativen Strategien arbeitet er kollaborativ mit dem Interesse, Kunst zu machen, die sich kritisch mit der Moderne befasst. Neben seiner künstlerischen und musikalischen Praxis ist die theoretische Auseinandersetzung mit der Philosophie ein zentraler Dreh- und Angelpunkt für seine Kunst und sein Denken.

Ausstellungen und Performances (Auswahl):

2023
-Devenir Feuillage, Lrrh_Aerial, Düsseldorf
-La Isla Fantasma, Langenfoundation, Düsseldorf
-Echos of the Future, Megaworld @ Flucc, Wien
-Vielleicht sollten Du mal mit jemandem darüber reden, Walther König, Düsseldorf
-Die Grosse, NRW Forum, Düsseldorf
-Immer einmal mehr, Hansaalle 190, Düsseldorf

2022
-Nice Fake and Cozy, project space, Köln
-Pigeonhole, Neue Kunst Raum, Düsseldorf
-Ruin It for Everybody, Kunstakademie Düsseldorf

2021
-Die Letzte Kassette, Alte VHS, Bonn
-Elbow Room, Physical Education IX: half body half human @lavalounge - Kunstverein Düsseldorf -Beelines, Schauspielhaus, Düsseldorf

Instagram: @benjamin.j.enders

01.–30. April 2024

Benjamin Jakob Enders

There is a new time coming up

Video, Farbe, 07:49 Min., 2024

In der Serie „HMKV Video des Monats“ stellt der HMKV im monatlichen Wechsel aktuelle Videoarbeiten internationaler Künstler*innen vor – ausgewählt von Inke Arns und Cornelius Ferber.